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Medienmitteilung des Thurgauer Obergerichts

Vollstreckungsmassnahmen nach SchKG gegen angebliche Angehörige eines indigenen Volkes

Ein angeblicher Angehöriger des indigenen Volkes der Gemaniten hatte geltend gemacht, eine Lohnpfändung gegen ihn verletze das Völkerrecht und sei unzulässig. Das Obergericht und das Bundesgericht sahen dies anders.

Gegen den Beschwerdeführer läuft eine Pfändung für Forderungen des Kantons Thurgau. Er machte geltend, als Angehöriger des indigenen Volkes der Germaniten unterstehe er nicht dem ʺzivilen Rechtskreis der Schweizerischen Eidgenossenschaftʺ. Da Völker- über Bundesrecht stehe, sei die Pfändungsankündigung als ʺtoxische Bereicherung samt Drohung mit gewaltsamer Vorführung des indigenen Menschenʺ einzuordnen. Eine Vollstreckung gegen indigene Menschen ohne Wahrung der Rechte nach dem Übereinkommen der ILO (International Labour Organization) Nr. 169 und der UNDRIP (United Nations Declaration on the Right of Indigenous Peoples) stelle einen Straftatbestand nach Völkerrecht dar.

Das Obergericht erwog, aus der völkerrechtlichen Souveränität der Schweiz folge die staatliche Zuständigkeit zur Rechtsetzung und Rechtsanwendung; diese doppelte Jurisdiktion richte sich nach dem Territorialitätsprinzip. Auch das Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz beruhe im Grundsatz auf dem Territorialitätsprinzip. Demgemäss sei der unbestritten in der Schweiz wohnhafte Schuldner dort zu betreiben, wo er seinen Wohnsitz habe (Art. 46 Abs. 1 SchKG). 

"Das Territorialitätsprinzip kann indes durch Rechtssätze des Völkerrechts durchbrochen werden", so das Obergericht weiter. Art. 30a SchKG behalte denn auch ausdrücklich das Völkerrecht vor; beispielsweise falle "ein Rechtssubjekt zufolge diplomatischer Immunität nicht unter das Zwangsvollstreckungsrecht der Schweiz". Der Beschwerdeführer berufe sich erfolglos auf das Übereinkommen Nr. 169 der ILO, da die Schweiz dieses Abkommen nicht ratifiziert habe. Das ebenfalls erwähnte UNDRIP "stellt eine deklarative Erklärung der UNO dar (sog. 'soft law'). Dementsprechend ist sie nicht unmittelbar im Schweizer Recht anwendbar." Folglich bestehe keine (völkerrechtliche) Rechtsgrundlage für eine Ausnahme von der Schweizer Zwangsvollstreckungshoheit. Damit könne offenbleiben, ob der Beschwerdeführer tatsächlich Angehöriger eines indigenen Volks sei.

Das Bundesgericht, an das der Beschwerdeführer gelangte, bestätigte diesen Entscheid. Es erwog unter anderem, im Wesentlichen stelle der Beschwerdeführer bloss sein Gedankengut dar, "das den Reichsbürger- und ähnlichen Staatsverweigererbewegungen" zuzuordnen sei. Entsprechendes gelte für die Behauptung, er habe entgegen den obergerichtlichen Erwägungen seinen Wohnsitz in der Schweiz bestritten. Auch dieses Vorbringen erschöpfe sich darin, dass er die übliche Wohnsitzdefinition für sich nicht akzeptiere, sondern für sich einen Aufenthalt in seinem traditionellen, indigenen Stammterritorium (und nicht im Staat, der dieses Territorium zum Teil überlagere) behaupte. 

•    Obergerichtsentscheid vom 30. Januar 2023, BS.2023.2
•    BGE 5A_117/2023 vom 24. Februar 2023

Thomas Soliva, Medienstelle des Thurgauer Obergerichts

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