Medienmitteilung des Thurgauer Obergerichts
Doppelter Instanzenzug bei der Bestellung eines Ersatzgerichts
Der Entscheid des Obergerichts, ein Ersatzgericht einzusetzen, muss laut einem neueren Bundesgerichtsentscheid von einer kantonalen Rechtsmittelinstanz überprüft werden. Dies ist im Kanton Thurgau einstweilen wiederum das Obergericht, allerdings in anderer Besetzung als beim Erstentscheid.
Gemäss § 22 des Gesetzes über die Zivil- und Strafrechtspflege (ZSRG, RB 271.1) bezeichnet das Obergericht eine unbeteiligte Gerichtsbehörde als Ersatzgericht, wenn die Gesamtheit oder so viele Mitglieder eines Bezirksgerichtes den Ausstand zu wahren haben, dass eine genügende Besetzung auch unter Zuzug der Ersatzmitglieder nicht möglich ist. Bis anhin beurteilte das Obergericht (erste Abteilung) als einzige kantonale Instanz ein entsprechendes Gesuch und sah als Rechtsmittel die Beschwerde an das Bundesgericht vor. Das Bundesgericht entschied nun, auch bei der Bestellung eines Ersatzgerichts müsse das vom Bundesgerichtsgesetz (Art. 75 Abs. 2 BGG) vorgegebene Erfordernis des doppelten Instanzenzugs gewahrt sein, bevor eine Beschwerde an das Bundesgericht möglich sei. Der Kanton Thurgau sei verpflichtet, einen zweitinstanzlichen Spruchkörper zu schaffen oder zu bezeichnen, bei dem der Ausstandsentscheid des Obergerichts mit kantonaler Beschwerde angefochten werden könne. Soweit als erste Instanz bereits das Obergericht entschieden habe und keine andere obere Gerichtsinstanz als Beschwerdeinstanz vorhanden sei, lasse sich das Prinzip des doppelten Instanzenzugs nicht anders handhaben, als dass das Obergericht in anderer Besetzung das Rechtsmittel beurteile und einen zweitinstanzlichen Entscheid fälle (BGE vom 28. Januar 2021, 4A_520/2020).
Bis seitens des Gesetzgebers eine Lösung vorliegt, erfüllt das Obergericht das Erfordernis der «double instance» fortan in der Weise, dass über Ausstandsbegehren gemäss § 22 ZSRG die erste Abteilung des Obergerichts entscheidet. Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde bei der zweiten Abteilung des Obergerichts eingereicht werden. Dieser Entscheid wiederum ist schliesslich mit Beschwerde beim Bundesgericht anfechtbar.
Thomas Soliva, Medienstelle des Thurgauer Obergerichts
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