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Medienmitteilung des Thurgauer Obergerichts

Verfahrensart für die Unterhaltsklage einer mündigen Person

In einem Grundsatzentscheid befand das Obergericht, die Klage einer mündigen Person gegen die Eltern auf Unterhaltszahlung sei im ordentlichen und nicht im vereinfachten Verfahren durchzuführen. Dies hat auch Konsequenzen für die Besetzung des Gerichts.

Eine zum damaligen Zeitpunkt 19-Jährige und damit Volljährige klagte gegen ihre Eltern auf Zahlung von Unterhalt bis zum Abschluss ihrer Erstausbildung. Das Bezirksgericht entschied über die Klage im vereinfachten Verfahren; dafür ist eine Einzelrichterin oder ein Einzelrichter zuständig. Die Eltern gelangten an das Obergericht und beantragten die Abweisung der Unterhaltsklage aus materiellen Gründen, ohne die Verfahrensart zu rügen.

Das Obergericht prüfte als Prozessvoraussetzung von Amtes wegen, ob für die Beurteilung einer solchen Klage eine Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren oder das Bezirksgericht in Dreierbesetzung im ordentlichen Verfahren zuständig ist. Es hatte damit zu entscheiden, ob die Unterhaltsklage, die eine volljährige Person gestützt auf Art. 277 Abs. 2 ZGB gegen ihre Eltern einreicht, unter den Titel "Kinderbelange in familienrechtlichen Angelegenheiten" gemäss Art. 295 ff. ZPO fällt. Träfe dies zu, käme - entsprechend der Auffassung des Bezirksgerichts - das vereinfachte Verfahren mit der Zuständigkeit eines Einzelrichters zur Anwendung. Das Obergericht kam indessen zum Schluss, selbständige Unterhaltsklagen volljähriger Kinder gegen ihre Eltern seien gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 139 III 368 ff.) im ordentlichen Verfahren zu behandeln; das vereinfachte Verfahren komme nur zur Anwendung, wenn die Streitwertgrenze von 30'000 Franken nicht erreicht sei. Der Schutzbedürftigkeit des volljährigen Kindes, etwa seiner finanziellen Schwäche und seiner allfälligen prozessualen Unerfahrenheit, könne durch die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands ein Stück weit Rechnung getragen werden. Weiter gelte auch im ordentlichen Verfahren die richterliche Fragepflicht.

Da der Streitwert der Unterhaltsklage hier über 30'000 Franken lag, hob das Obergericht den Entscheid der Einzelrichterin auf und wies die Sache zur Durchführung einer Hauptverhandlung in Dreierbesetzung an das Bezirksgericht zurück.

Obergerichtsentscheid vom 5. Mai 2020, ZBR.2019.43

Thomas Soliva, Medienstelle des Thurgauer Obergerichts

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