Frauenfeld, 10. September 2019
Praxisänderung bezüglich der Verrechnungseinrede im Verfahren betreffend provisorische Rechtsöffnung
Der Grundsatzentscheid des Obergerichts gemäss Rechenschaftsbericht (RBOG) 2017 Nr. 18 ist überholt: Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Verrechnungseinrede gemäss bisheriger Praxis waren zu hoch.
Nach Art. 82 SchKG kann der Gläubiger provisorische Rechtsöffnung verlangen für eine Forderung, die auf einer durch Unterschrift (des Schuldners) bekräftigten Schuldanerkennung beruht; die betriebene Person kann dies verhindern, indem sie Einwendungen glaubhaft macht, welche die Schuldanerkennung entkräften. Eine solche Einwendung kann darin bestehen, dass die betriebene Person der Betreibungsforderung eine Gegenforderung zur Verrechnung gegenüberstellt (Art. 120 OR).
Nach der bisherigen Praxis des Obergerichts (RBOG 2017 Nr. 18) musste diese Verrechnungsforderung im Rechtsöffnungsverfahren durch Urkunden belegt sein, die ihrerseits als Titel für die provisorische Rechtsöffnung taugen würden. Gemäss einem Bundesgerichtsentscheid vom 25. Juni 2019 (5A_139/2018, Erw. 2.6.1. und 2.6.2) genügt es hingegen, wenn die betriebene Person die Gegenforderung glaubhaft zu machen vermag. Auch die bundesgerichtliche Rechtsprechung verlangt zwar für die blosse Glaubhaftmachung der Verrechnungsforderung, dass Urkunden vorgelegt werden. Gemeint sind aber Urkunden im weiten Sinn der Zivilprozessordnung. Ausserdem kann laut Bundesgericht die erforderliche Glaubhaftmachung der Verrechnungsforderung aus dem Gesamtbild verschiedener Dokumente resultieren. Die betriebene Person ist im Verfahren der provisorischen Rechtsöffnung für das Glaubhaftmachen ihrer Einwendungen - auch mit Bezug auf ihre Verrechnungsforderung - nicht auf Urkunden in der Qualität eines Rechtsöffnungstitels beschränkt.
Thomas Soliva, Medienstelle des Thurgauer Obergerichts
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