Medienmitteilung des Thurgauer Obergerichts
Gültiger Haftungsausschluss für die Berufshaftpflichtversicherung eines Versicherungsmaklers
Infolge einer falschen Beratung ihres Versicherungsmaklers verlor eine versicherte Person ihre Freizügigkeitsleistung. Die Berufshaftpflichtversicherung des Maklers muss laut einem Urteil des Obergerichts aber nicht für den Schaden aufkommen, wenn der vom Versicherungsmakler vermittelte Versicherer - hier die Freizügigkeitseinrichtung - zahlungsunfähig wird.
Eine Person beauftragte einen Versicherungsmakler mit der Betreuung ihres Versicherungsportefeuilles. Auf Anraten des Maklers investierte sie ihre Freizügigkeitsleistung - rund 315'000 Franken - in eine Freizügigkeitsstiftung, angeblich gedeckt durch den Sicherheitsfonds BVG. Das war indessen, wie letztinstanzlich das Bundesgericht entschied (BGE 141 V 650), nicht der Fall. Dies führte dazu, dass die versicherte Person ihre einbezahlte Freizügigkeitsleistung verlor, nachdem die Freizügigkeitseinrichtung zahlungsunfähig geworden war. Die geschädigte Person klagte den Versicherungsmakler wegen Falschberatung auf Bezahlung ihres Ausfalls ein. Der Makler wiederum verklagte mittels Streitverkündungsklage seine Berufshaftpflichtversicherung auf Deckung des von ihm verursachten Schadens.
Die Schadenersatzpflicht des Versicherungsmaklers gegenüber der Privatperson war im Berufungsverfahren unbestritten. Uneinig waren sich die Parteien, ob die Berufshaftpflichtversicherung für den vom Makler verursachten Schaden einzustehen hat. Pièce de résistance war dabei die Auslegung einer Klausel in den Allgemeinen Vertragsbestimmungen (AVB) der Berufshaftpflichtversicherung. Danach sind Ansprüche aus Schäden infolge Insolvenz eines Versicherers - hier der Freizügigkeitsstiftung - nicht versichert. Die Vorinstanz vertrat die Auffassung, Hauptursache des Schadens sei die Falschberatung des Maklers und nicht die Insolvenz der Freizügigkeitseinrichtung gewesen. Ein Haftungsausschluss bei Zahlungsunfähigkeit des Versicherers wäre stossend. Entscheidend ist laut Obergericht aber, wie die Parteien der abgeschlossenen Berufshaftpflichtversicherung (Makler und Haftpflichtversicherung) die Klausel in den AVB verstehen durften und mussten. Weil mit Blick auf die Kapitalisierung von Versicherern von Gesetzes wegen strenge Vorgaben bestehen (Mindestkapital von Fr. 3,0 bis 20,0 Mio., ausreichend freie Eigenmittel), ist deren Insolvenz als äusserst aussergewöhnliches und seltenes Ereignis einzustufen. Wenn eine Berufshaftpflichtversicherung deshalb für diesen ausserordentlichen Fall die Deckung in ihren AVB ausschliesst, erscheint dies durchaus als sachgerecht. Dieser Fall ist vergleichbar mit dem Deckungsausschluss bei einem aussergewöhnlichen Naturereignis. Der Makler als besonnen und redlich urteilender Erklärungsempfänger durfte nicht auf eine Ausschlussklausel ohne erkennbare praktische Bedeutung vertrauen. Vielmehr führt die auf dem Vertrauensprinzip fussende Auslegung der Klausel zum Ergebnis, dass die Versicherungsdeckung in den Fällen entfällt, in denen neben der Sorgfaltspflichtverletzung des Versicherungsmaklers Insolvenz des vermittelten Versicherers vorliegt.
Aufgrund dieses Urteils muss der Makler für den seinem Klienten verursachten Schaden selbst einstehen. Der Makler zog den Entscheid an das Bundesgericht (4A_652/2017) weiter.
Obergerichtsentscheid vom 24. Oktober 2017, ZBR.2017.24
Der Entscheid ist nicht rechtskräftig.
Thomas Soliva, Medienstelle des Thurgauer Obergerichts
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