Medienmitteilung des Thurgauer Obergerichts
Sozialhilfebetrug mittels getürktem Wohnsitz
Ein 45-jähriger Schweizer täuschte einer Gemeinde einen Wohnsitz beziehungsweise Aufenthaltsort vor und erlangte so knapp 10'000 Franken Sozialhilfe. Dafür verurteilt ihn die Thurgauer Justiz zu einer unbedingten Geldstrafe.
Der Angeklagte beantragte Ende 2013 in der Gemeinde Sozialhilfe. Er gab wahrheitswidrig an, er bewohne dort an einer bestimmten Adresse ein 1-Zimmer-Studio, und reichte einen entsprechenden Mietvertrag ein. In Tat und Wahrheit verfügte er dort aber nur über einen Briefkasten;. Sein tatsächlicher Aufenthalts- oder Wohnort lag im Toggenburg. In den Thurgau kam er nur, um sich bei der Gemeinde zu melden und seinen Briefkasten zu leeren. Die Gemeinde leistete sieben Monate lang Sozialhilfe und stellte sie danach ein. Gestützt auf den Bericht eines Privat-detektivs und eine Wohnungsbesichtigung war sie dem Angeklagten auf die Schliche gekommen.
Bestreitungen des Angeklagten nicht überzeugend
Das Bezirksgericht Münchwilen und das Obergericht verurteilten den Angeklagten wegen Be-trugs zu einer unbedingten Geldstrafe von 70 Tagessätzen à 30 Franken. Sie liessen seine Einwände nicht gelten. In die Überwachung durch einen Sozialdetektiv sowie Hausbesuche habe der Angeklagte unterschriftlich zugestimmt. Im Toggenburg habe er regelmässig Einzahlungen und Barbezüge sowie Einkäufe getätigt. Die Ehefrau des angeblichen Vermieters habe glaubhaft angegeben, im Jahr 2014 habe niemand im Studio gewohnt. Die gegenteiligen Aussagen des Angeklagten, des Vermieters und einer Geschäftspartnerin aus dem Toggenburg seien nicht glaubhaft. Bei der Wohnungsbesichtigung habe man schliesslich keine persönlichen Gegenstände des Angeklagten vorgefunden.
Nicht leicht zu durchschauende Täuschung
Der Angeklagte täuschte die Gemeinde arglistig. Der Mann gab im Antragsformular wahrheits-widrig an, sein Lebensmittelpunkt befinde sich dort. Dies untermauerte er mit einem Mietvertrag, beschriftete einen Briefkasten und reichte eine vom Vermieter unterschriebene Bestätigung ein. Die Gemeinde überprüfte die Angaben; dass sie falsch waren, konnte sie nicht ohne Weiteres feststellen. Der Angeklagte handelte vorsätzlich und erfüllte somit den Tatbestand des Betrugs. Weil er bereits dreimal im Strafregister verzeichnet ist, war eine unbedingte Geldstrafe auszufällen. Das Strafmass von 70 Tagessätzen bezeichnete das Obergericht als eher mild.
Obergerichtsurteil vom 27. Juni 2016, SBR.2015.81
Beim Bundesgericht hängig.
Thomas Soliva, Medienstelle des Obergerichts Thurgau
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Infobox
Der Bedürftige hat seinen Wohnsitz (Unterstützungswohnsitz) nach Art. 4 Abs. 1 ZUG (Bundes-gesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger, SR.851.1) in dem Kanton, in dem er sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält. Dieser Kanton wird als Wohnkanton bezeichnet. Im innerkantonalen Verhältnis ist laut § 4 Abs. 1 SHG (Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe, RB 850.1) die Wohnsitzgemeinde des Hilfsbedürftigen zuständig. Die Gemeinde des Aufenthaltsortes ist zuständig, solange die Wohnsitzgemeinde nicht feststeht, oder wenn jemand unaufschiebbar der Hilfe bedarf. Die Aufenthaltsgemeinde einer Person befindet sich grundsätzlich dort, wo sie sich tatsächlich aufhält. Bestehen in einem Zeitraum mehrere Aufent-haltsorte nebeneinander, muss an jenem Ort die Unterstützung geleistet werden, zu dem die engste Beziehung besteht und an den die betroffene Person immer wieder zurückkehrt.
Im Formular "Erstkontakt - materielle Hilfe" erklärt der Antragsteller mit seiner Unterschrift seine Zustimmung dazu, dass Sozialdetektive Hausbesuche abstatten, von einem öffentlich einseh-baren Raum Fotos machen und andere technische Mittel einsetzen dürfen.