Medienmitteilung des Thurgauer Obergerichts
Wie kommt der Versicherungsnachweis zum Strassenverkehrsamt
Nicht der Fahrzeughalter, sondern die Haftpflichtversicherung ist für die Weiterleitung des Versicherungsnachweises an das Strassenverkehrsamt verantwortlich.
Das Strassenverkehrsamt hatte einen Fahrzeughalter aufgefordert, die Kontrollschilder abzugeben oder innert zehn Tagen einen gültigen Versicherungsausweis einzureichen; als Halter sei er dafür verantwortlich, dass der elektronische Versicherungsnachweis fristgereicht dem Strassenverkehrsamt übermittelt werde. Der Halter bezahlte die Versicherungsprämie fristgerecht, und seine Haftpflichtversicherung bestätigte ihm mündlich den Zahlungseingang sowie die Ausstellung des Versicherungsnachweises zuhanden des Strassenverkehrsamtes. Der Nachweis ging aber dort nicht ein. Deshalb büsste die Staatsanwaltschaft den Halter wegen fahrlässigen Missbrauchs von Ausweisen und Schildern mit einer bedingten Geldstrafe von fünf Tagessätzen à 100 Franken und 150 Franken Busse.
Keine Pflichtverletzung des Fahrzeughalters
Mit der Änderung der Verkehrsversicherungsverordnung (VVV) müssen seit 1. Februar 2007 die Versicherungsnachweise in elektronischer Form ausgestellt und vom Versicherer an das automatisierte Fahrzeug- und Fahrzeughalterregister (MOFIS) übermittelt werden. Der (angedrohte) Entzug des Fahrzeugausweises fällt dahin, wenn dem Strassenverkehrsamt ein neuer Versicherungsnachweis vorliegt. Es gibt somit keine Verpflichtung des Fahrzeughalters mehr, der Behörde einen neuen Versicherungsnachweis zu übergeben. Hierfür zuständig sind allein die Versicherungsgesellschaften; nur sie können elektronische Versicherungsnachweise übermittelten. Die Entzugsverfügung des Strassenverkehrsamts kann folglich höchstens so verstanden werden, dass der Fahrzeughalter sich bei seiner Versicherungsgesellschaft dahingehend zu erkundigen hat, ob seine Zahlung einging und rechtzeitig ein elektronischer Versicherungsnachweis ausgestellt wurde. Eine weitergehende Pflicht des Halters besteht nicht. Er hat nicht dafür einzustehen, dass die Versicherung wie in diesem Fall den Versicherungsnachweis im falschen System erfasste. Es genügt, dass sie dem Halter versicherte, dass sie einen neuen Versicherungsausweis erstellte. Darauf muss sich der Fahrzeughalter verlassen dürfen. Er machte sich deshalb nicht des fahrlässigen Missbrauchs von Ausweisen und Schildern schuldig.
Obergerichtsurteil vom 29. August / 19. Oktober 2016, SBR.2015.72.
Der Entscheid ist nicht rechtskräftig.
Thomas Soliva, Medienstelle des Obergerichts Thurgau
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