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Medienmitteilung des Thurgauer Obergerichts

Berufungsurteil im FlowTex-Fall

Rund ein Jahr nach Beginn der Berufungsverhandlungen bestätigte das Obergericht in einem der grössten Wirtschaftsstraffälle im Kanton Thurgau im Wesentlichen die Schuldsprüche des Bezirksgerichts Frauenfeld, verschärfte aber teilweise die Strafen. Die Angeklagten erhalten die beschlagnahmten Vermögenswerte nicht zurück.

Im Jahr 2000 flog in Deutschland der FlowTex-Betrugsfall auf, einer der grössten Wirtschaftsskandale. Das Unternehmen hatte für Milliarden D-Mark Horizontalbohrsysteme "verkauft", von denen die meisten nur auf dem Papier existierten. Der Geschäftsführer wurde deswegen in Deutschland zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Staatsanwaltschaft eröffnete in der Schweiz 2009 ein Strafverfahren gegen die Ex-Frau des Geschäftsführers, ihren Rechtsanwalt, den Geschäftsführer selbst sowie ihre beiden Kinder wegen Geldwäscherei, Veruntreuung oder Betrug sowie Urkundenfälschung. Zudem sperrte sie Bankkonten und beschlagnahmte Vermögenswerte (unter anderem) der Ex-Frau und der Kinder. Sie warf den Beschuldigten vor, in der Schweiz Vermögenswerte in zweistelliger Millionenhöhe gewaschen zu haben, die aus dem FlowTex-Betrug stammen sollen.

Alle Parteien erhoben Berufung gegen das Urteil der Vorinstanz
Das Bezirksgericht Frauenfeld hatte im Januar 2016 in einem 800-seitigen Urteil die beiden Kinder freigesprochen, aber die Beschlagnahme ihrer Vermögenswerte bestätigt. Wegen bandenmässiger Geldwäscherei und Urkundenfälschung hatte es den Geschäftsführer, die Ex-Frau und den Rechtsanwalt zu teilbedingten oder bedingten Freiheitsstrafen zwischen 14 und 36 Monaten sowie unbedingten Geldstrafen verurteilt und der Konkursmasse des Geschäftsführers einen Teil der beschlagnahmten Vermögenswerte zugewiesen.
Alle Parteien gelangten an das Obergericht. Der Geschäftsführer, seine Ex-Frau und ihr Rechtsanwalt beantragten Freisprüche, die Staatsanwaltschaft zusätzliche Schuldsprüche sowie die Erhöhung der Strafen und die Kinder sowie die drei erstinstanzlich Verurteilten die Freigabe ihrer beschlagnahmten Vermögenswerte; die Konkursmasse machte zusätzliche Ansprüche geltend. Die Freisprüche und Verfahrenseinstellungen gegen die beiden Kinder erwuchsen in Rechtskraft.

Strafen teilweise erhöht - beschlagnahmte Vermögenswerte nicht freigegeben
Nach über einjähriger Vorbereitung und 12 Verhandlungsterminen zwischen Oktober 2017 und Januar 2018 fällte das Obergericht am 25. September 2018 seinen 350-seitigen Berufungsentscheid (plus knapp 90 Seiten Anhang). Neben Verfahrenseinstellungen und Freisprüchen in Nebenpunkten verurteilte das Obergericht den Geschäftsführer zu 18 statt 14 (teilbedingt) und den Rechtsanwalt zu 24 Monaten (bedingt) Freiheitsstrafe wegen bandenmässiger Geldwäscherei, die Ex-Frau zusätzlich wegen Urkundenfälschung zu 36 Monaten (teilbedingt) Freiheitsstrafe sowie alle drei Verurteilten zu unbedingten Geldstrafen. Die Geldstrafen des Geschäftsführers und der Ex-Frau erhöhte das Obergericht angesichts des stärker gewichteten Verschuldens deutlich. Die Konkursmasse hatte für ihre Forderungen bereits einen Zivilprozess eingeleitet; deshalb konnte sie diese Forderungen im Strafverfahren nicht nochmals geltend machen. Allerdings erhält sie gemäss rechtskräftiger Anordnung der Vorinstanz vier beschlagnahmte Chagall-Bilder. Die übrigen beschlagnahmten Vermögenswerte werden zum grössten Teil zugunsten des Kantons Thurgau eingezogen oder zur Deckung der Verfahrenskosten, Geldstrafen und Forderungen des Kantons verwendet.

Obergerichtsentscheid vom 25. September / 25. Oktober 2018, SBR.2016.8/9/10/11

Der Entscheid ist nicht rechtskräftig.

Thomas Soliva, Medienstelle des Thurgauer Obergerichts

Promenadenstrasse 12A
8500 Frauenfeld
Tel. 058 345 33 33
Fax 058 345 33 34
medienstelle.ogNULL@tg.ch
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